#6 – Data Governance Prozesse und Werkzeuge

Prozesse und Werkzeuge werden benötigt, um das Data Governance-Programm überhaupt „am Laufen“ zu halten. Sie beziehen sich dabei hauptsächlich auf die beiden anderen Kernelemente eines Data Governance-Programms, nämlich zum einen auf die Rollen & Verantwortlichkeiten, zum anderen auf die Richtlinien.

Während Prozesse die jeweiligen Vorgehensweisen, Verantwortlichkeiten und Abläufe festlegen, sind Werkzeuge dazu da, die Prozesse in deren Durchführung zu unterstützen oder gar erst zu ermöglichen.

So kann etwa der Prozess zur kontinuierlichen Messung von Kennzahlen hinsichtlich des Data Governance-Programms (also DG-KPIs) zwar durchaus manuell durchgeführt werden. Es ist jedoch vermutlich einfacher und (bei regelmäßiger Auswertung) effizienter, wenn so viele DG-KPIs wie möglich automatisiert gemessen werden.

Beispiel: Die Durchlaufzeit beim Anlegen neuen Kundenstammdaten ermittelt man entweder manuell per Stichprobe mit Stoppuhr oder die für die Pflege genutzte Software protokolliert die Zeiten. Im zweiten Fall ermittelt sich eine DG-KPI „Durchschnittliche Zeit für die Anlage eines neuen Kundenstammsatzes“ automatisch.

Prozesse vs. Richtlinien

Manchmal wird der Begriff „Prozess“ auch im Sinne von Richtlinien für Daten verwendet, da solche Richtlinien meist auch einen Prozess beschreiben bzw. definieren. Also einen Prozess, wie die Richtlinie durchzuführen ist, um die Regeln und Standards bzgl. der Daten einzuhalten und sicherzustellen.

Das kann man so definieren, dann wären die „Prozesse“, die ich in diesem Beitrag meine, etwas anderes und anders zu benennen.

Ich definiere Data Governance-Prozesse im oben beschriebenen Sinn: die Prozesse, die das Data Governance-Programm bzw. das Data Governance-Team braucht bzw. definiert und vereinbart, um die Data Governance-Aufgaben durchzuführen. Diese Festlegung kann sicherlich auch kritisch oder anders gesehen werden – gerne unterhalb dieses Beitrags kommentieren und eine Diskussion bzw. Austausch beginnen.

Welche Prozesse braucht Data Governance?

Im Folgenden erläutere ich die aus meiner Sicht wichtigsten Prozesse zum Betrieb eines Data Governance-Programms. Manches davon ist „einfach Management“ eines Programms. Einige Prozesse sind jedoch spezifisch für das Data Governance-Programm auszuprägen und für dessen Erfolg m. E. entscheidend.

Rollen und Verantwortlichkeiten etablieren

Das festgelegte Rollen- und Verantwortlichkeitsmodell (ein Vorschlag siehe hier) muss zum Leben erweckt und am Laufen gehalten werden. Konkret bedeutet dies: Rollen besetzen, RolleninhaberInnen in deren Ausgestaltung unterstützen, Zusammenarbeit fördern und bei Wechseln oder Fluktuation die Wiederbesetzung der Rollen sicherstellen. Ohne handelnde Personen wird ein Data Governance-Modell nicht „zum Fliegen“ kommen.
Es ist nicht die alleinige Aufgabe der Data Governance Managerin oder des Data Governance Managers, die Rollenbesetzungen sicherzustellen. Die Verantwortung hierfür liegt beim Data Executive. Das Werben, Gewinnen, Erklären, Motivieren der RolleninhaberInnen ist aus meiner Sicht durchaus in der Zuständigkeit des/der Data Governance ManagerIn.

Organisation und Durchführung Data Governance Board-Meetings

Die benannten Data Owner jeder Datendomäne zusammen mit der/dem Data Executive und der/dem Data Governance Manager bilden das Data Governance Board, siehe auch meinen Beitrag zum DG-Rollenmodell.
Die regelmäßigen Meetings müssen vorbereitet, organisiert, durchgeführt und nachbearbeitet werden. Eine Standard-Agenda ist empfehlenswert. Diese kann auch etwaige Sonderthemen plus ggf. Einbindung von Personen außerhalb des DG-Boards vorsehen. Eine Themen- und Aufgabenliste ist ebenso anzuraten, diese muss geführt, verfolgt und aktuell gehalten werden.

Fehlerbehandlung

Datenfehler, also Verletzungen von Richtlinien, Datenstandards, Qualitätsregeln etc. müssen zeitnah gesichtet und idealerweise schnellstmöglich gelöst werden. Hierfür nutzen Unternehmen i. d. R. ein Ticketsystem; dieses ist meist sowieso schon vorhanden und kann dann wird dann auch für die Behandlung von Datenfehlern genutzt oder erweitert.
In einer weiteren Ausbaustufe wird das Data Governance-Programm hier dann ggf. überlegen, ob Reaktions- und Lösungszeiten (als sog. „service levels“) vereinbart werden. Dies erfordert natürlich zum einen die entsprechende Etablierung von Lösungsteams, zum anderen kann dies aber auch sowohl die Datenqualität schneller und nachhaltiger verbessern.

Richtlinienmanagement (engl. „Policy Management“)

Die in meinem vorigen Beitrag erläuterten Richtlinien und Datenstandards definieren Vorgaben. Diese müssen sowohl strukturiert erstellt, verteilt und überwacht werden. Zum einen muss festgelegt werden, welche Rollen/Abteilungen in die Definition einer jeweiligen Richtlinie einzubinden sind. Zum anderen muss insbesondere auch die Verteilung und Kommunikation der Richtlinie vorab definiert werden. Eine Richtlinie einfach nur bspw. im Intranet abzulegen dürfte in den meisten Fällen nicht ausreichend sein.

Datenqualitätsmanagement

Ein Hauptziel von Data Governance-Initiativen ist oft die Verbesserung der Datenqualität. Eine entsprechende Richtlinie dazu diverse Dinge fest:

  • Strategie für Datenqualität: Wo messen, wo verbessern/ändern, wie messen, Verantwortlichkeiten
  • Definition von Data Quality Indicators (DQI)
  • Messen von Data Quality: Werkzeuge, Verfahren
  • Überwachen: Prozess der Überwachung, wie wird mit DQ-Fehlern umgegangen, Ticketverarbeitung
  • Optimieren: Verfahren für notwendige Datenkorrekturen

Kommunikation

Das Data Governance-Team sollte sowohl das DG-Programm selbst als auch die dazu definierten und besetzten Rollen proaktiv in der Organisation kommunizieren. Erzielt das Data Governance-Programm Erfolge durch bspw. objektiv messbar bessere Datenqualität, so sind solche „success stories“ ebenfalls wichtig in der „Außendarstellung“ des Data Governance-Programms.

Weiterhin informiert der Data Governance Manager alle Stakeholder, also sowohl die Rolleninhaber wie Data Owner oder Data Stewards als auch insbesondere das Management regelmäßig über Weiterentwicklungen, Erfolge, aber auch Herausforderungen.

Mit welchen Werkzeugen können die Data Governance-Prozesse unterstützt werden?

Um die oben beschriebenen DG-Prozesse zu unterstützen, setzt das Data Governance-Team verschiedene Werkzeuge ein:

  • Dokumentation- bzw. Office-Software: Erstellen von Dokumenten, Präsentation für Stakeholder etc.
  • Kommunikationssoftware, bspw. für Intranet-Seiten: Darstellung des Data Governance-Programms für die gesamte Organisation
  • Spezielle Data Governance-Software mit Funktionen für Metadaten Management, Profiling oder Glossar-Verwaltung
  • Policy Management: Software zum Verwalten, Publizieren und ggf. Überwachen von Richtlinien

Diese Aufstellung ist sicherlich sehr grob und verkürzt. Da jedoch die jeweiligen Werkzeuge verschiedene Funktionen anbieten (oder eben auch nicht) oder auch ggf. zusammenfassen, ist eine weitere allgemeine Detaillierung wenig sinnvoll. Ich werde in einem der folgenden Beiträge konkreter auf einzelne Werkzeuge eingehen, ggf. auch eine Übersicht machen.

Im nächsten Blog-Beitrag werde ich die vielfach schon erwähnten „Datendomänen“ näher betrachten: was ist eine Datendomäne, wie sind Datendomänen strukturell definiert und welche unterschiedlichen Datendomänen findet man klassischerweise in Organisationen.

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