#3 – Struktur-Empfehlung für ein Data Governance-Programm

Aus der generellen Beschreibung von Data Governance im vorigen Blog-Artikel wird klar, dass deren Umsetzung nicht von alleine passiert. Ein dediziertes Data Governance-Programm ist hierfür notwendig und sinnvoll. Die Struktur eines solchen Programms muss sich natürlich an den Gegebenheiten der Organisation ausrichten. Dennoch kann man Empfehlungen zur Struktur eines Data Governance-Programms (DG-Programm) ganz allgemein geben.

Ein dediziertes Data Goverance-Programm

Folgende Bereiche sind aus meiner Sicht essentiell für ein DG-Programm:

  • Rollen und Organisation
  • Standards & Richtlinien
  • Data Governance-Prozesse und -Werkzeuge

Im Folgenden beschreibe ich generell diese drei Bereiche, Details dazu werde ich in nachfolgenden Blog-Artkeln geben.

Rollen und Organisation

Für die Organisation von Data Governance muss zunächst festgelegt werden, welchen Geltungs- bzw. Anwendungsbereich diese Organisation bzw. Data Goverance haben soll. Die betroffenen Daten müssen in diesem Geltungsbereich sinnvollerweise autark behandelt und verantwortet werden können. Empfehlenswert ist es, die gesamte Organisation bzw. das Unternehmen als Geltungsbereich für Data Governance zu definieren.

Weiterhin dürfte eine vollkommen de-zentrale Organisation des Data Governance-Programms nicht sinnvoll sein. Die Definition und insbesondere Durchsetzung und Überwachung von notwendigen Standards und Richtlinien (siehe nächster Abschnitt) ist nur mit klaren und einheitlichen Vorgaben sowie damit verbundenen Verantwortlichkeiten möglich. Eine Kombination von zentraler Governance mit lokaler Unterstützung, Gestaltung und Ausführung ist je nach Größe und Struktur einer Organisation sinnvoll.

Im nächsten Blog-Artikel gehe ich ausführlicher auf Rollen, Verantwortlichkeiten und ein Organisationsmodell ein.

Standards & Richtlinien

Dauerhaft „gute“ Daten entstehen nicht nebenher. Ohne Vorgaben entstehen Duplikate, werden Vorgabewerte nicht genutzt oder wichtige Datenfelder mit Dummy-Werten gefüllt. Standards und Richtlinien definieren Vorgaben, wie mit Daten „umgegangen“ werden darf und soll. Oftmals sind bereits implizite Regeln oder sog. „best practice“ in einer Organisation vorhanden, die vorgeben, wie man Daten pflegt und nutzt. Das schriftliche Fixieren in Standards und Richtlinien ist jedoch wichtig, um Klarheit und Verbindlichkeit zu erzeugen.

Richtlinien beschreiben idealerweise knapp und strukturiert das erwünsche Verhalten. Dazu sollten sie ausreichend fokussiert sein, ohne jedoch zu kleinteilig zu werden. So wird man beispielsweise keine einzelne Richtlinie zu Definition und Inhalt jedes Datenattributes erstellen – hier definiert man eher eine Dateninhalte-Richtlinie je Daten-Domäne.

Data Governance-Prozesse

Um die erläuterten Standards und Richtlinien effizient umsetzen und überwachen zu können, müssen im Data Governance-Programm Prozesse und Überwachungen (engl. „controls“) definiert werden. Dies sind entweder organisatorische Prozesse oder mit IT-Systemen umgesetzte Prozesse.

Einige Beispiele hierfür:

  • Entscheidungen: Wie werden im Falle von Unklarheiten oder Konflikten Entscheidungen getroffen? Im Konsens, mit Mehrheit, durch Eskalation zur nächsthöheren Ebene? Wie dokumentiert und protokolliert man solche Entscheidungen ?
  • Regelprozesse im Rollenmodell: Welche Regeltermine (Jour Fixes, Board-Meetings etc.) sind definiert? Wie sind diese Termine organisiert, durchgeführt und protokolliert? Welche Teilnehmer sind jeweils einzubeziehen?
  • Incident Management: Wenn Datenfehler auftreten – wie, wo und wer meldet Datenfehler? Wie und wer bearbeitet und behebt Datenfehler? Und wie erfolgt die Dokumentation?
  • Stakeholder Management und Kommunikation an diese sind wichtig. Alle direkt oder auch nur indirekt betrofffenen Personen einer Organisation werden in Data Governance eingebunden. Dies geschieht regelmäßig und bewusst.
  • KPIs: Auch das Data Governance-Programm sollte sich messen lassen; zugehörige KPIs müssen definiert und überwacht werden.

Diese Struktur eines Data Governance-Programms hilft, mit dem Blick auf das Gesamtbild die Vorgehensweise festzulegen.

#2 – Was ist Data Governance?

Der englische Begriff „Governance“ wird nach dict.cc u. a. mit „Regierung“, „Steuerung“ oder „Lenkung“ übersetzt. Das „Steuern“ oder „Lenken“ von Daten bzw. der Nutzung dieser Daten steht somit im Fokus von Data Governance.

Wie auch eine Regierung zum Durchsetzen ihrer Ziele Gesetze und Regeln definiert, so legt auch ein Data Governance-Manager Richtlinien fest, um die Verwaltung und Nutzung von Daten zu steuern und zu lenken. Darüber muss eine Regierung festlegen, wie Entscheidungen sowohl im Regel- als auch im Zweifelsfall durch Exekutive und Judikative durchgesetzt werden. Analog legt Data Governance die Entscheidungsprozesse und Verantwortlichkeiten für datenbezogene Themen fest.

Wer steuert und lenkt?

Da Data Governance „nicht nebenher“ passiert, müssen sich Personen in der Organisation um Data Governance kümmern. Hierfür definiert man dedizierte Rollen. Als Leiter eines Data Governance Programms wird i. d. R. der „Data Governance Manager“ betraut. Dieser definiert das Programm sowie dessen Ziele und Struktur. Ebenso legt er das Organisationsmodell für Data Governance fest, welches diverse weitere Rollen etabliert:

  • Data Owner: Fachliche Verantwortung und Zuständigkeit für eine Datendomäne wie bspw. „Kunde“, „Material“ oder „Rechnung“
  • Data Steward: Fachexpert(en) je Datendomäne, die Inhalte, Struktur, Richtlinien für ihre Datendomäne festlegen und durchsetzen.
  • Data Stakeholders: Alle Anwender und Nutzer von Daten.
  • Data Governance Office, in dem der Data Governance Manager plus einige Data Governance Mitarbeiter zusammen arbeiten

Weitere Details zu den Data Governance-Rollen erläutere ich in einem späteren Blog-Beitrag.

Was lenkt und steuert man mit Data Governance?

Alles, was mit Daten zu tun hat: deren Struktur, deren Inhalte, die Art und Weise wie Daten erzeugt, verarbeitet und weiter genutzt werden. Letztlich betrachtet man den gesamten Lebenszyklus von Daten und strukturiert diesen so, dass eine effiziente Verarbeitung der Daten ermöglicht und eine hohe Datenqualität erreicht wird. Einzelne Themen, die in Data Governance-Richtlinien festgelegt werden, sind bspw.

  • Data Strategy & Architecture
  • Datenintegration (ETL, Transformationen)
  • Metadaten-Management
  • Business Data Model (BDM) & Business Glossary
  • Datenmodellierung
  • Data Quality und Profiling
  • Information Lifecycle Management

Wie macht man das?

Neben der Etablierung eines Organisations- und Rollenmodells beruht Data Governance auf der Definition und Durchsetzung von Richtlinien (engl. „Policies“). Solche Data Policies legen fest, wie etwa die oben genannten Themen in der Organisation gehandhabt werden. So kann eine Richtlinie für Datenmodellierung sicherstellen, dass alle Systeme und Daten in analoger Art und Weise modelliert werden. Dabei wird dann u. a. neben der Notationsmethode (bspw. ER-Modellierung, ADAPT o. ä.) auch die Vorgehensweise mit der Methode selbst (von Namenskonventionen über Modellierungsstandards bis zur Prozesseriung der Modellierung) festgelegt.

Wie misst und überwacht man Data Governance?

Da Richtlinien nur hilfreich sind, wenn sie auch eingehalten werden, ist es wichtig, dass das Data Governance-Team bereits bei der Definition einer Richtlinie deren Überprüfung und Messbarkeit überlegt und festlegt. Damit kann das Team im täglichen Data Governance-Betrieb die Einhaltung der Richtlinien überwachen. Dies erlaubt dem Team das Nachsteuern im Fall von Lücken und insbesondere auch das Nachweisen der Wirksamkeit von Data Governance-Richtlinien.

Die zweite Ebene der Messung in einem Data Governance-Programm fokussiert auf die Qualität der Daten selbst. In Richtlinien zum Data Quality-Management werden Data Quality-Indizes (DQI) zur Messung der Datenqualität festgelegt. Eingebaut in Data Quality-Dashboards zeigen DQIs die Qualität der Daten sowie die Entwicklung dieser Qualität an. Durch die dadurch entstehende Transparenz der Datenqualität sind erst Maßnahmen zur Verbesserung derselben möglich.

#1 – Welche Folgen hat fehlende Data Governance?

Wenn eine Organisation die von ihr erzeugten und genutzten Daten nicht bewusst nutzt und dafür Regeln, Richtlinien und Vorgehensweisen vereinbart, um die Qualität dieser Daten sicherzustellen, kann das diverse negative Auswirkungen haben. Diese können durchaus weit über die eigentliche „Datensituation“ hinaus gehen.

Bevor wir uns hier intensiver mit Data Governance beschäftigen, ist es hilfreich, einige dieser möglichen negativen Auswirkungen zu kennen. Dazu haben sich Analysten und Beratungsunternehmen bereits Gedanken gemacht und Umfragen durchgeführt.

Einige Zahlen

So hat BARC eine bis zu 72% reduzierte Mitarbeiterzufriedenheit durch unzulängliche Data Governance identifiziert. Gartner verweist auf 25% verminderte Umsatzzuwächse auf Grund fehlender Daten-Richtlinien. Und Leadjen hat bis zu 28% weniger Zeit für Verkäufer durch fehlende Data Governance errechnet.

Ob diese Zahlen nun exakt stimmen oder sie eher als Anhaltspunkte dienen: sie verweisen auf einige Grundprobleme, die durch eine nicht strukturierte „Behandlung“ von Daten entstehen:

  • Zeitverlust für Mitarbeiter beim Verwenden von Daten, weil die Daten bspw. nicht oder nur aufwändig zu finden und zu nutzen sind. Oder weil Daten unvollständig oder falsch sind. Oder weil deren Inhalte und Bedeutung unklar sind.
  • Durch dieses manuelle Suchen nach den richtigen Daten und Informationen steigt die Unzufriedenheit. Mitarbeiter haben dadurch weniger Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben.
  • Schlechte Daten wirken sich auf die Haupttreiber jedes Unternehmens aus:
    • Umsatzsteigerung: Unvollständige Daten von Kunden oder potenziellen Kunden erschweren oder verhindern Neugeschäft oder Cross-Selling. Mangelhafte Kontaktdaten führen zu hoher Anzahl von Rückläufern in Kampagnen etc.
    • Kostenreduktion: Nicht korrekte Kunden- oder Lieferantendaten verhindern die Automatisierung von Rechnungsprüfungen. Nicht aktuelle oder fehlerhafte Lagerinformationen resultieren in noch nicht notwendigen Nachbestellungen und damit verbundener Kapitalbindung
    • Regeleinhaltung (Compliance): Löschanforderungen zu personenbezogenen Daten (Art. 17 DSGVO) können nur korrekt durchgeführt werden, wenn diese Daten auch aufgefunden werden können.

Damit diese drei Treiber mit Daten richtig unterstützt werden, ist eine durchgängige Data Governance das Mittel der Wahl. Im nächsten Blog-Beitrag werde ich Data Governance grundsätzlich beschreiben. Danach schauen wir uns die einzelnen Elemente genauer an.